Dieses Buch vom Autor Paul Werner bildet in seemännischer und literarischer Hinsicht einen würdigen Abschluss des Solskin-Zyklus'. Und nicht nur der Abschluss ist besonders, denn "Inseln, Mythen und Geschichte(n)" fand eine den Autor uns sein Werk wertschätzende Aufnahme in die Deutsche Nationalbibliographie.
Es ist der letzte beschriebene Langtörn auf der bewährten Hallberg und die letzte Sammlung von Essays in der hehren Tradition der klassischen Periegese - in moderner, unterhaltsamer, gleichwohl informativer Form. Rund 1500 Seemeilen durch ionisches Meer und die Ägäis mit Stopps auf zwei Dutzend Inseln umfasst die "heidnische Wallfahrt" zu einigen der antiken Lichtgestalten griechischer und europäischen Kultur, die nie einfach nur für "bare Münze" genommen werden, sondern denen stets ironisch-kritisch "auf den Zahn" gefühlt wird. Und siehe da, vieles von dem, was uns da in zuweilen schon arg bröckelnder marmorner Ruinengestalt entgegentritt kommt ist uns bei näherer Betrachtung durchaus vertraut und nur menschlich-allzumenschlich. Die sich verselbständigenden Mythen um Personen und Ereignisse werden irgendwann zu Geschichte, gesichert geglaubte, geschichtliche Zusammenhänge entpuppen sich als Mythen. Das ist einer der Spannungsbögen des Buches.
ISBN 978-3-937108-35-3
344 Seiten
zum Buch:
Der Segeltörn auf der Solskin zu knapp 30 griechischen Inseln der Ionischen See und der Ägäis ist eine raumgreifende Reise über fast 1500 Seemeilen. Sie ist dazu eine Zeitreise durch die Mythologie und die Geschichte Griechenlands. In einem bunten Kaleidoskop von 42 Kapiteln erzählt Paul Werner von Mythen und Legenden, von Persönlichkeiten und Episoden, die er bei seinen Streifzügen auf Hellas nassen Pfaden in den verborgenen Zeitkapseln auf den Inseln vorfindet. Homer, Demosthenes und die Sappho, Hippokrates, der Dr. House der Antike, die Archäologen Schliemann, Evans und Marinatos, die Minoische Katastrophe und der Attische Seebund, der Peloponnesische Krieg, die Balkankriege und der griechische Bürgerkrieg und vieles mehr sind Facetten einer humorigen und nachdenklichen Erzählung, die den Hellenen auf ihrem Weg folgt von der Antike zur modernen Nation.
"Inseln" versteht sich aber auch als Hommage an die Menschen, die mich jeweils ein Stück auf dieser einzigartigen Rundfahrt begleiteten oder mir von früheren Begegnungen vertraut waren und sind. Menschen, die mir vor allem die launische Ägäis mit den unberechenbar jähen Wechseln von überfallartigem Starkwind zu quälenden Flauten und ihrem unangenehm kurzen, steilen Seegang und nie ganz verendendem Schwell näherbrachten. Menschen, die mich in die ältere und jüngere Geschichte so mancher Insel einweihten, mir nach Kräften aus so mancher Patsche halfen oder sich einfach nur die Zeit nahmen, mir als interessante Gesprächspartner zur Seite zu stehen.
So ist auch "Inseln" kein seemännisches Handbuch oder ein detailversessener Wegweiser durch das Labyrinth der griechischen Inseln. Wenn es so etwas wie eine "Mission" hat, dann die, in aller Bescheidenheit daran zu erinnern, dass Griechenland mehr ist und stets mehr bleiben wird als das halbwegs abgehalfterte Staatswesen, zu dem es die herrschenden Cliquen über die Jahrzehnte gemacht haben. Untauglicher Wächter an der "Außengrenze" der EU mit stets klammem öffentlichem Haushalt und dysfunktionaler Verwaltung und einer grotesk klaffenden Vermögensschere, sicher. Mag die Mutter saufen und huren, unsere Mutter bleibt sie trotz alledem, eine andere können wir uns nicht schnitzen. Mag die Ägäis, der "Teich Siloah" im Zuge der erzwungenen modernen Völkerwanderung zum "blauen Grab" für Tausende gequälter, mit Macheten oder Kalaschnikows, Fassbomben und Giftgas aus ihrer angestammten Heimat Vertriebener geworden sein - sie bleibt auch weiterhin der Brunnen, aus dem sich unsere westeuropäische Kultur speist. In unserer Art, den Diskurs zu pflegen, zu denken, zu analysieren, sind und bleiben wir alle Griechen.
Solskin hat inzwischen einen neuen Eigner, den fünften, wenn ich richtig gezählt habe. Möge er mit ihr so viel Spaß haben wie ich. Knapp 20.000 Seemeilen hat sie mich treu über die Ozeane getragen. Ein gewöhnungsbedürftiges "rolliges" Schiff, auf magenempfindliche Naturen nicht glücklich wurden. Aber auch ein Schiff von außerordentlicher Seetüchtigkeit und Stäbigkeit, auf dem ich mich nie auch nur einen Moment lang unsicher gefühlt hätte. So oft ich Solskin wegen kleinerer Macken und Eigenheiten auch nicht nur im Stillen verflucht habe, so schwer fiel mir letzten Endes der Abschied von ihr. Wie sagt Salomon, "es gibt eine Zeit für alles" und unsere Zeit war abgelaufen. Nach mehr als 30 Jahren alles in allem recht intensiver Seefahrt bin ich dem Herrgott dankbar, dass keinem meiner Crewmitglieder je Ernsthaftes an Bord der von mir auf Langfahrt oder Regatten geführten Yachten widerfahren ist - und nicht zuletzt dafür, dass auch ich stets glimpflich davongekommen bin und ab sofort das "Meer loben und an Land bleiben" kann...
Wenngleich ich der Seefahrt verbunden bleiben werde. Auch mein nächstes Projekt einer abenteuerlichen Roman-Trilogie um die "schlimmen Schwestern" Laura und Solitaire hat überwiegend maritime Schauplätze wie die Kleinen Antillen, die Istanbuler Prinzeninseln oder die Nordägäis sowie eine kleine Flotille von Yachten, deren eine die Kenner zumindest von Weitem an Solskin erinnern dürfte.