Gentlemen segeln nicht gegen den Wind
Band 3:
Nebel des Nordens


 "Nebel" beschließt die "Gentlemen"-Trilogie, nicht aber den gesamten Solskin-Zyklus, zu dem auch noch die Inseln, Mythen und Geschichte(n) gehören. Das Buch schildert den zum Teil schwierigen Verlauf des Törns, den ich im Jahr zuvor in umgekehrter Richtung hatte unternehmen wollen, aber von der ungünstigen Großwetterlage daran gehindert worden war.

 


Buch von Paul Werner: Gentlemen segeln nicht gegen den Wind, Band 3: Nebel des Nordens


ISBN: 978-3939279143

Bestellung bei Amazon

Kopenhagen, wo gerade der ESC (Eurovision Song Contest) schwer im Gange war




Von Rügen, wo die Solskin den Winter verbracht hatte, ging es auf dem ausgetretenen Pfad nach Mön und Kopenhagen, wo gerade der ESC (Eurovision Song Contest) schwer im Gange war -  ausgerechnet direkt neben der mir als sehr ruhig und beschaulich erinnerlichen Marina unweit der Hafeneinfahrt. Der Sieg des österreichischen bärtigen Hermaphroditen namens Wurst traf sich insofern gut, als mein wichtigster Mitsegler ein Landsmann Conchitas war. Ich persönlich hätte als C&F-Fan dem holländischen Duo mit "After the Storm" den Sieg gegönnt.

Entlang der schwedischen Küste arbeiteten wir uns nach Göteborg, das ich bisher immer zugunsten Marstrands links bzw. rechts liegen gelassen hatte. Eine sehr schöne, reizvoll gelegene und sehr lebendige Stadt, Göteborg. Wie ich schwedische Städte überhaupt sehr mag: Stockholm sowieso, aber auch Kalmar, Malmö, Karlskrona, Ystad, da bin ich sehr Schweden-affin, obgleich sprachlich eher in Dänemark zuhause.


Kurz vor Erreichen der norwegischen Südwestküste wurden wir vom Nebel eingeholt, der uns auf dem restlichen Törn zäh begleitete. Eigentlich ist mir Nebel auf See durchaus vertraut.

Wer mehrmals bei Nacht und Nebel den vielbefahrenen Ärmelkanal ohne Radar gequert und die Themsemündung angesteuert hat, den kann so schnell nichts schrecken. Trotzdem -  so richtig lieb geworden ist er mir nicht. Aber wenn man drin steckt, gibt's kein Zurück. erst in der Ansteuerung von Stavanger, einem nicht ganz einfachen Hafen, lichtete sich der Nebel plötzlich und gab den Blick auf die Hafenlichter frei.

Durch die Fjorde und Schärengewässer schlängelten wir uns bei überwiegend schönem Wetter nach bergen hoch, das immer einen besuch wert ist, wenngleich ich mit Norwegern, sie mögen es mir verzeihen, nie sp recht warm geworden bin. Nie habe ich mich so von der Welt abgeschnitten und "verloren" gefühlt wie tief im Innern des Lyse- oder Hardangerfjords.

die SOLSKIN im Hafen von Bergen
Die Überfahrt von Bergen nach Lerwick auf den Shetlands ist eine uralte Wikinger-Schnellstraße


Die Überfahrt von Bergen nach Lerwick auf den Shetlands ist eine uralte Wikinger-Schnellstraße. Sobald die norwegischen Bergzüge hinter den Horizont tauchen, erhebt sich auf der anderen Seite Shetland über denselben -  es sei denn, es gitbt Nebel. Und den gab's reichlich. Shetlands felsige Steilwände sahen wir erst, als wir uns schon nihnen mit der Hand entlang tasten konnten. Wer Landschaften ohne Baum und Strauch, nur mit Moos und Gras mag, für den sind die Shetlands das Paradies. Ich kannte solche Landschaften von den Färöern, den dänischen Schafsinseln noch weiter im Norden. Gewöhnungsbedürftig.

Bei der Ansteuerung von Fair Isle dasselbe Bild: dichter Nebel verhüllte die Insel, von der wir nie mehr als den winzigen Hafen sahen. um ein Haar nicht einmal den, weil wir uns in der haarigen Einfahrt verfranzten und fast aufgelaufen wären.


Die Saluhallen in Göteborg und eine rote Maske.


Die Orkneys und Hebriden präsentierten sich hingegen nebelfrei. War ich froh, nach den ausgesprochen kargen Landschaften der Shetlands mal wieder Bauernhöfe und von Kühen besetzte Weiden zu sehen! Auf Höhe der Orkneys hatte ich mal in den 60er Jahren in einer Januar-Nacht auf dem Schulschiff Deutschland Heckwache gestanden. Die Decks des Schiffes waren halbwegs vereist und glatt. Falls jemand über Bord gefallen wäre, hätte es meiner Aufgabe entsprochen, Alarm zu geben und erste Rettungsmittel ins Wasser zu werfen. Keine angenehme Erinnerung. Doch jetzt, im Sommer und bei Tage, ging von den Inseln ein eigener Zauber aus.



In den Hebriden-Gewässern wimmelte es von britischen U-Booten, die hier häufig Testfahrten durchführen. Dabei kommt es, nicht viel anders als in der Bucht von Travemünde schon mal vor, dass sich beim Abendessen plötzlich ein Sehrohr durch den Yachtboden bohrt und nach dem rechten sieht. Das passierte uns glücklicherweise nicht. Tidenstrom wurde ab sofort ein Thema: vor dem Erreichen von Port Ellen "standen" wir praktisch zwei Stunden im Gegenstrom in der Durchfahrt zwischen zwei inneren Hebriden -  direkt vor einer Whisky-Destillerie.

Isle of Man - fisseliges Gewässer

Dafür peitschte uns der Strom am nördlichen Ausgang der Irischen See mit 11 Knoten zur Bucht von Belfast - bei dichtem Nebel im allerdings verkehrsarmen Verkehrstrennungsgebiet. Belfast, die Stadt mit ihrer so ruhmreichen wie unruhigen Vergangenheit und ihrem multimedialen Titanic-Museum auf dem Gelände der ehemaligen Harland & Wolff Schiffswerft, sind allemal einen Besuch wert, egal, ob auf eigenem Kiel oder fremdem Flügel.


Bei der Isle of Man bin ich mir da nicht ganz so sicher. Die Marina ist seicht und usselig, Städtchen und Insel total von der "TT" beherrscht, dem unseligen Motorradrennen, dem schon viele Profis wie Amateure zum Opfer gefallen sind. Mir war die Insel als Heimat der Gibbs-Brüder vertraut, Musikfreunden der 70er Jahre auch als BeeGees bekannt. Ich persönlich bin ihnen verfallen: ein Konzert Ende der 70er in Sydney oder Melbourne, über zwei Stunden Musik und jeder Song, aber auch wirklich jeder, ein Hit. Wahnsinn, die Jungs, von denen zwei ja leider schon das Zeitliche gesegnet haben.             

Über Dun Laogheire, den Fährhafen von Dublin gelangten wir am Ende dieses letzten nordeuropäischen Törns auf Solskin zurück in die Bucht von Cork, ohne Nebel, bei angenehm halbem Wind. Eine unvergessliche Reise, das, durch die "Nebel des Nordens".

Meer, hoher Schwell und Sonnen hinter Wolken
Sumburgh Head, das Habitat der Papageientaucher.


weiter zu Band 2: Atlantik, Nord.- und Ostsee

weiter zu Band 1: Einmal New York und zurück